Sonntag, 4. Oktober 2009

"Amici Israel" und die Verurteilung des Antisemitismus 1928

Zur Rechtfertigung der Haltung der katholischen Kirche zur Judenverfolgung in der NS-Zeit wird oft angeführt, die Kirche habe bereits 1928 eindeutig und unmissverständlich den Antisemitismus verurteilt.

Abgesehen davon, dass diese einmalige Verurteilung von 1928 ! eher ein Armutszeugnis denn eine Rechtfertigung abgibt: Im Kontext betrachtet, in der sie entstanden ist, sagt sie wenig bis gar nichts zur "Haltung der Kirche" aus (wenngleich sie ihrer Wirkung nach sicherlich sehr begrüssenswert ist).

Die Verurteilung war nämlich in einem Dekret eingebettet, das die Priestervereinigung "Amici Israel" verbot.

"Amici Israel"

Die Priestervereinigung "Amici Israel" ("Opus sacerdotale amicorum Israel") wurde 1926 in Rom auf Initiative der jüdischen Konvertitin Sophie (nach der Taufe Franziska) van Leer, der sich der Franziskanerpater Laetus Himmelreich und der Kreuzherr Anton van Asseldonk vom Orden vom Hl. Kreuz anschlossen, gegründet.

Die Vereinigung - der bald etwa 3000 Priester, 287 Bischöfe und 19 Kardinäle, darunter der Erzbischof Michael von Faulhaber und Kardinal Rafael Merry del Val, angehörten - setzte sich für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Katholiken und Juden ein, allerdings mit dem Ziel der Bekehrung der Juden*.

Zu ihren wichtigsten Anliegen zählten: Die Juden sollen nicht weiter des Gottesmordes bezichtigt werden, die Ritualmordlegende und der Vorwurf der Hostienschändung sollen aus kirchlichem Gedankengut verbannt und die Liturgie von antijüdischen Passagen, wie z.B. dem berüchtigten "perfidis" in der Karfreitagsfürbitte, gereinigt werden. Zudem förderten sie, wohl aus theologischen Gründen, den Zionismus, dem der Vatikan ablehnend gegenüberstand.
(Franziska van Leer hielt sich Ende 1924 auch drei Monate lang in einem Kibbutz in Paläsina auf, bis sie, als man herausfand, dass sie nur zur Missionierung da war, freundlichst verabschiedet wurde.)

Mit ihrer unregelmässig erscheinenden Broschüre "Pax super Israel" suchten sie Anhänger für ihre Sache zu gewinnen.

Am 2. Januar 1928 reichte der Vorsitzende, Pater Benedikt Gariador, eine schriftliche Eingabe an den Vatikan ein:

Darin wurde ersucht, die Ausdrücke "perfidis" und "perfidiam" in der Karfreitagsfürbitte zu streichen bzw. durch andere zu ersetzen, sowie die Formel "Beuget die Knie und erhebet Euch" - wie in allen anderen Fürbitten - so auch in der für die Juden wiedereinzuführen. Gemäss den Evangelien seien es nämlich nicht die Juden, sondern die Römer gewesen, die Jesus mit höhnischer Kniebeuge verspottet hatten; auch sei der Brauch, diesen wegzulassen, erst im Laufe des zweiten Jahrtausends entstanden.

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